Die Beschlusskompetenzen der Eigentümergemeinschaft bei Instandsetzung, Modernisierung und baulicher Veränderung – der neue § 22 WEG

Die Beschlusskompetenzen der Eigentümergemeinschaft bei Instandsetzung, Modernisierung und baulicher Veränderung – der neue § 22 WEG

15. Februar 2009 | Bau- u. Immobilienrecht, Wohnungseigentumsrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Das neue Wohnungseigentumsgesetz ist seit dem 01.07.2007 in Kraft und brachte nicht unerhebliche Neuerungen betreffend der Beschlusskompetenzen der Eigentümergemeinschaft bei Instandsetzung, Modernisierung und baulicher Veränderung. Aufgrund der unsystematischen Ausgestaltung der Regelungen bestehen bei Eigentümern, Beiräten und Verwaltern nicht selten Unsicherheiten über die Beschlussanforderungen. Der nachfolgende Beitrag fasst die wichtigsten Voraussetzungen im Überblick zusammen.

Der neue § 22 Absatz 1 WEG schafft endlich Klarheit hinsichtlich der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer in Bezug auf bauliche Veränderungen. Hiernach ist es seit Inkrafttreten der WEG-Novelle erforderlich, dass die Eigentümergemeinschaft über jede bauliche Veränderung Beschlüsse fasst. Damit soll dem eigenmächtigen Handeln bauwilliger Wohnungseigentümer vorgebeugt werden. Betreffend dem Erfordernis der Beschlussfassung ist zu differenzieren, ob entweder eine

  • Instandsetzung bzw. Instandhaltung
  • Modernisierende Instandsetzung
  • Modernisierung oder
  • bauliche Veränderung

vorliegt. Handelt es sich bei der geplanten Maßnahme um eine Instandsetzung oder Instandhaltung (bspw. die Reparatur einer Hauseingangstüre) so ist hierfür gemäß § 22 Abs.3 WEG ein einfacher Mehrheitsbeschluss der Eigentümer erforderlich, aber auch ausreichend.

Eine sog. modernisierende Instandsetzung liegt demgegenüber vor, wenn die Maßnahme über die bloße Instandsetzung oder Instandhaltung hinaus geht und damit modernisierenden, d.h. neuen Charakter bekommt (bspw. Austausch der beschädigten Hauseingangstüre aus Kunststoff gegen eine höherwertige und nunmehr diebstahlgesicherte Hauseingangstüre aus Holz). Diese Maßnahmen können nunmehr gemäß § 22 Abs.3 i.V.m. § 21 Abs. 3 und 4 WEG ebenfalls mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Als grobe Faustformel für die Abgrenzung der Maßnahmen zur Instandhaltung oder Instandsetzung gegenüber der modernisierenden Instandsetzung gilt, dass das zu sanierende Objekt bei der modernisierenden Instandsetzung zwar noch nicht defekt ist, aber mit einem Defekt oder Schaden nach dem normalen Lauf der Ding zeitnah zu rechnen sein wird.

Soll eine Modernisierung i.S.d. § 559 BGB (=Maßnahmen die den Gebrauchswert der Sache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken) oder eine Anpassung des Eigentums an den Stand der Technik erfolgen, so ist hierfür gemäß § 22 Abs.2 WEG ein sog.qualifizierter Beschluss erforderlich. Damit müssen für diesen Beschluss ¾ aller stimmberechtigten Eigentümer und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteil gestimmt haben.

Bei Vorliegen einer baulichen Veränderung, also solchen Maßnahmen, die keine Modernisierung darstellen, verbleibt es gemäß § 22 Abs.1 WEG im Grunde bei der alten Rechtslage, wonach alle Eigentümer dieser Maßnahme zustimmen müssen (Allstimmigkeit !). Ein unangefochten gebliebener Mehrheitsbeschluss reicht aber aus. Stimmberechtigt ist jeder Eigentümer, der durch die geplante bauliche Veränderung in seinen Rechten beeinträchtigt würde.

Hinsichtlich der Kostenverteilung gilt Folgendes: Handelt es sich um eine Maßnahme der Instandsetzung respektive Instandhaltung oder um eine bauliche Veränderung oder Modernisierung, so können die Kosten durch Beschluss nunmehr abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen (§ 16 Abs.2 WEG, Miteigentumsanteile) oder vereinbarten Regelungen (§ 16 Abs.3 WEG) verteilt werden.

Damit ist es heute möglich, dass einzelne Eigentümer, welche der Maßnahme nicht zustimmen, gleichwohl zur Kostentragung verpflichtet werden, da die Vorschrift des § 16 Abs.4 S.1 WEG gemäß § 16 Abs.4 S.2 WEG keine Anwendung findet. Dies gilt jedoch nicht für die modernisierende Instandsetzung, sodass insoweit eine abweichende Kostenverteilung nicht möglich ist.

Praxishinweis:
Um Schwierigkeiten und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Instandsetzungsmaßnahmen, baulichen Veränderungen und Modernisierungen zu vermeiden, sollte der WEG-Verwalter, ebenso wie die beteiligten Eigentümer, bemüht sein ausgleichenden Regelungen auf der Sekundär- und damit Kostenebene zu finden.

Nach oben