Anspruch auf Aufnahme von Tagesordnungspunkten für die Eigentümerversammlung

Anspruch auf Aufnahme von Tagesordnungspunkten für die Eigentümerversammlung

01. Dezember 2011 | Bau- u. Immobilienrecht, Wohnungseigentumsrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Oftmals besteht Streit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen einzelne Eigentümer von dem Verwalter die Aufnahme bestimmter Tagesordnungspunkte für die Eigentümerversammlung verlangen und notfalls gerichtlich erzwingen können. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über dieses praxisrelevante Thema.

Grundsätzlich hat ein Miteigentümer gemäß § 24 Abs. 4 WEG einen Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes, wenn dessen Behandlung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Dies setzt voraus, dass sachliche Gründe dafür sprechen, den Punkt in der Eigentümerversammlung zu erörtern und darüber abzustimmen (vgl. LG München, Urt. vom 16.5.2011 Az.: 1 S 5166/11).

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass dieser Anspruch ausnahmsweise dann ausgeschlossen ist, wenn der Beschluss, der zu dem von dem Miteigentümer gewünschten Tagesordnungspunkt gefasst werden könnte, von vornherein rechtswidrig und damit anfechtbar wäre. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die zweiwöchige Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG nicht mehr eingehalten werden kann. Denn § 24 Abs. 4 WEG hat gerade den Zweck, eine ordnungsgemäße Verwaltung sicherzustellen. Damit wäre es aber unvereinbar, wenn ein Miteigentümer über diesen Weg einen Beschluss herbeiführen könnte, der gegen § 24 Abs. 4 WEG verstößt. Folglich wäre ein derartiger Beschluss gesetzeswidrig und entspräche gerade nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. LG München a.a.O.). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich bei den Vorschriften des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG nur um eine „Sollvorschrift“ handelt. Auch die Nichteinhaltung dieser „ Sollvorschrift“ kann eine Anfechtbarkeit des Beschlusses hervorrufen, wenn der Verstoß für die Beschlussfassung ursächlich war.

Anders wäre nur dann zu entscheiden, wenn auf die Einhaltung der Frist ausnahmsweise verzichtet werden kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine besondere Dringlichkeit der Maßnahme gegeben ist und ausgeschlossen ist, dass die Fristverkürzung die übrigen Eigentümer unzumutbar in der Ausübung ihrer Stimmrechte behindert. Die Beweislast hierfür trägt der Anspruchsteller.

Weigert sich der Verwalter bei Vorliegen der vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen einen bestimmten Tagesordnungspunkt in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung aufzunehmen, so kann dieser Anspruch gerichtlich und bei besonderer Dringlichkeit auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachte werden. Eine derartige einstweilige Verfügung hat jedoch nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Anspruchsteller auf die sofortige Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs so dringendangewiesen ist, dass er ein außerordentliches Hauptverfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen respektive irreparablen Schaden zu erleiden (vgl. BerlVerfGH NZM 2011 314) hierfür gilt ein strenger Maßstab.

Sollten diese strengen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht vorliegen ist der antragstellende Miteigentümer keinesfalls schutzlos. Denn durch eine etwaige rechtswidrige Weigerung des Verwalters einen von einem Miteigentümer begehrten Tagesordnungspunkt aufzunehmen, macht sich der Hausverwalter grundsätzlich Schadensersatzpflichtig. Der Verwalter ist deshalb verpflichtet dem antragsstellenden Miteigentümer die hieraus erwachsenen Schäden zu ersetzen und auch und insbesondere eine außerordentliche Eigentümerversammlung auf eigene Kosten einzuberufen um den Schaden möglichst effektiv wieder gut zu machen.

Praxishinweis:
Dem Eigentümer ist zu empfehlen, dass er die Hausverwaltung unter Fristsetzung rechtzeitig und nachweisbar (am besten per Einwurf- Einschreiben) vor der vorgesehenen Versammlung und ausreichend lange vor Ablauf der Frist der Zweiwochenfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG dazu auffordert sich zu erklären, ob der Tagesordnungspunkt berücksichtigt wird. Geht die Hausverwaltung innerhalb der gesetzten Frist nicht darauf ein oder erklärt sie den Tagesordnungspunkt nicht beachten zu wollen, besteht das Rechtschutzbedürfnis, sofort ? und damit noch ausreichend lange vor Ablauf der Zweiwochenfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG  ? auf Aufnahme des Tagesordnungspunktes zu klagen (vgl. Kümmel in Niedenführ/ Kümmel/ Vandenhouten, WEG, § 24 Rn. 24).

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