Doppelte Sicherheit = keine Sicherheit ?!

Doppelte Sicherheit = keine Sicherheit ?!

17. April 2012 | Bau- u. Immobilienrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Barkaution oder Bürgschaft oder Barkaution und Bürgschaft ? Angesichts der langen Zeitdauer eines Räumungsrechtsstreits und des damit häufig einhergehenden Zahlungsausfalls, ist der Vermieter regelmäßig daran interessiert einen etwaigen Zahlungsausfall neben der Kaution, zusätzlich durch Stellung eines solventen Bürgen abzusichern. Fraglich ist nur, ob diese zusätzliche Sicherheit, nicht zu einem Rechtsverlust im Ganzen führt ? Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Voraussetzungen der Vereinbarung einer Kaution und/oder der Bürgschaft.

Die Sicherheitsleistung kann die Voraussetzung zum Abschluss eines Mietvertrages sein oder auch eine Verpflichtung aus dem Mietvertrag. Dies hängt davon ab, ob der Vermieter den Mietvertrag erst mit Zahlung der Sicherheit Geltung verleihen möchte oder der Mietvertrag auch vorab ohne Sicherheitsleistung entstehen soll und der Mieter aus dem geschlossenen Vertrag erst zur Zahlung verpflichtet wird. Die Barkaution stellt die praktisch häufigste Sicherheitsleistung eines Mieters dar. Im Mietvertrag ist geregelt, wie die Kaution zu erbringen ist. Meist ist eine Überweisung an den Vermieter zu tätigen. Damit der Zugriff von Gläubigern des Vermieters verhindert werden soll, muss der Vermieter die Kautionssumme getrennt von seinem Vermögen treuhänderisch bei einem Kreditinstitut mit dreimonatiger Kündigungsfrist zu dem für Spareinlagen üblichen Zinssatz anlegen. Dies ist der Grundsatz nach § 551 Abs. 3 S. 1 BGB. Doch auch hier ist die Privatautonomie des bürgerlichen Rechtes zu beachten:

Die Parteien können eine abweichende Regelung treffen und auch eine andere Anlageform vereinbaren. Jedoch darf in keinem Fall zum Nachteil des Mieter abgewichen werden. Die zusätzlichen Erträge durch Verzinsung stehen selbstverständlich dem Mieter zu (anders nur bei einer Vermietung von Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim). Obwohl dies eine Erleichterung bei Auszahlung der Kaution darstellen würde, ist der Vermieter nicht dazu verpflichtet separate Kautionskonten für jeden Mieter anlegen. Demgemäß kann er auch ein Konto für mehrere Kautionen, aus mehreren Mietverhältnissen führen.

Die Höhe der Kautionsleistung darf der Vermieter nicht eigenständig bestimmen. Der Mieter wird durch § 551 Abs. 1 BGB geschützt. Danach darf der Vermieter maximal das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Nettokaltmiete verlangen. Bei Pauschalmieten ist diese maßgeblich. Bei Mietmängeln, die schon bei Vertragsabschluss bestehen und nicht behebbar sind, ist die geminderte Miete anzusetzen.

Die gesamte Kautionsleistung kann durch drei gleiche, monatliche Teilzahlungen abgeleistet werden. Die erste ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig. Der Vermieter muss den Mieter über die Möglichkeit der Teilzahlung nicht aufklären, da es den Mieter obliegt, „sich darüber zu informieren, welche Rechte ihm zustehen“ (LG Dortmund, Urteil vom 13.05.2003, 1 S 365/02). Bei Nichtzahlung der verlangten Kaution kann der Vermieter auf Erfüllung klagen, wenn die Sicherheitsleistung nur eine Verpflichtung aus dem Mietverhältnis darstellt. Er ist aber dann in der Regel nicht dazu berechtigt, eine fristlose Kündigung auszusprechen, da die Nichtzahlung nicht zu einer erforderlichen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses führt. Falls aber der Abschluss des Mietverhältnisses von der Sicherheitsleistung abhängt, so entsteht bei fehlender Leistung der Kaution kein Mietvertrag. Sollte der Vermieter keine Barkaution verlangen, so fordert er überwiegend eine Bürgschaft. Durch den Abschluss eines Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Vermieter, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Mieters einzustehen. Die Bürgschaft kann z.B. durch eine Bank oder eine Privatperson übernommen werden.

Die Bürgschaft ist ein Vertrag, der eines Abschlusses bedarf. Der Vertrag unterliegt strengen Formvorschriften. Er muss schriftlich abgeschlossen werden, es müssen Angaben enthalten sein, die klar bestimmen wer für wen gegenüber wem für welche Forderung bürgt. Es muss also angegeben werden, welcher Bürge für welchen Mieter gegenüber welchem Vermieter für die Ansprüche aus dem Mietverhältnis einsteht. Formvorschriften dienen immer dem Schutz der Parteien. Sie sollen die Parteien daran hindern, voreilig Verpflichtungen einzugehen. Durch die schriftliche Abfassung werden denn Parteien vergegenwärtigt, welche Verbindlichkeit sie eingehen wollen. Zudem dient die Schriftlichkeit auch der erleichterten Beweisführung.

Der Bürge muss erst für die Verbindlichkeiten einstehen, wenn der Vermieter keine Befriedigung durch den Mieter erlangen kann. Ausnahmsweise kann der Vermieter unmittelbar den Bürgen zur Verantwortung ziehen, wenn eine sog. selbstschuldnerische Bürgschaft abgeschlossen wurde. In diesem Fall kann der Bürge nicht die Einrede erheben, dass der Vermieter sich zuerst an den Mieter wenden muss. Sofern der Bürge einzustehen hat, weil der Mieter nicht zahlen kann, kann er im Nachgang von dem Mieter die Zahlung der verbürgten Summe verlangen.

So wie die Kaution unterliegt auch die Sicherheit der Bürgschaft dem Gebot der höchstens dreifachen Nettokaltmiete. Eine Bürgschaft, die die Ansprüche aus dem Mietvertrag insoweit nicht eingrenzt, ist aber nicht unwirksam: Die Bürgschaft bleibt bis zu einer Grenze von drei Nettokaltmieten bestehen.

Bei der Wahl zwischen Barkaution oder Bürgschaft sollten unter anderem folgende Gesichtspunkte abgewogen werden:

  • Der Mieter erlangt durch die Kautionszahlung Zinsen.
  • Durch die Bürgschaft kann der Mieter ohne über weitere Barmittel zu verfügen, einen Mietvertrag abschließen.
  • Wenn eine Forderung gegen den Mieter rechtskräftig feststeht, kann der Vermieter die Kautionssumme aufbrauchen, ohne in andere vorhandene Mittel vollstrecken zu müssen.

Die eingangs gestellte Frage, ob der Vermieter neben einer Kaution noch eine Bürgschaft fordern kann, wurde zwischenzeitlich vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: Der BGH hat festgestellt, dass die Verpflichtung des Mieters eine Kaution zu zahlen und zudem eine Bürgschaft zu stellen unzulässig ist, wenn beide Sicherheiten insgesamt den Betrag von drei Nettokaltmieten übersteigt (BGH IX ZR 212/88 mit Hinweis auf BGH IX ZR 16/90). Dies begründet der BGH damit, dass der Mieter andernfalls doppelt in Anspruch genommen würde, nämlich einmal durch das Aufbrauchen der hinterlegten Kaution und einmal durch den Bürgen, welcher bei erfolgter Zahlung an den Vermieter gegenüber dem Mieter Rückgriff nehmen könnte. Aus diesem Grund besteht in diesem Fall eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters, so dass die Vereinbarung nach § 551 Abs. 4 BGB insgesamt unwirksam ist. Das einzige Sicherungsmittel, das dem Vermieter in diesem Fall verbleibt ist sein gesetzliches Vermieterpfandrecht aus § 562 BGB (sofern der Mieter überhaupt über pfändbare Gegenstände verfügt).

Anders ist es nur dann, wenn der Bürge von sich aus und unaufgefordert dem Vermieter eine Bürgschaft zusagt und dadurch der Mieter erkennbar nicht besonders belastet wird. In diesem Fall ist die Bürgschaft wirksam (BGH, Urteil vom 07.06.1990, IX ZR 16/90). Denn durch das Anbieten der Bürgschaft und die nicht bestehende weitere Belastung des Mieters, werden die oben genannten Bedenken gegenüber der Bürgschaft ausgeräumt. Dies wurde beispielsweise in der zuvor zitierten Entscheidung des BGH angenommen, wo ein Vater durch das Angebot einer zusätzlichen Bürgschaft für seinen Sohn Zweifel des Vermieters an der Bonität seines Sohnes auszuräumen versuchte und nicht angenommen werden könne, dass der Vater bei Eintritt des Bürgschaftsfalles gegen seinen Sohn Regress nimmt. Das vorstehend Gesagte gilt jedoch nur bei Abschluss eines Mietvertrages. Sobald es um die Fortsetzung des Mietvertrages (etwa bei drohender Zwangsräumung) geht, kann der Vermieter sehr wohl eine Bürgschaft verlangen.

Praxishinweis:
Will der Vermieter neben der Kaution eine Bürgschaft erhalten muss er bei der Vertragsanbahnung und dem Vertragsabschluss streng darauf achten, dass er dies nicht ausdrücklich fordert, sondern sich anbieten lässt und dies auch im Falle einer streitigen Auseinandersetzung nachweisen. Unabhängig davon sollte der Vermieter bei der Annahme einer Bürgschaft stetes auf eine selbstschuldnerische Bürgschaft bestehen, damit er im Falle der Fälligkeit nicht vorab den Mieter in Anspruch nehmen muss.

Nach oben