Der helfende Eigentümer

Der helfende Eigentümer

02. Mai 2012 | Bau- u. Immobilienrecht, Wohnungseigentumsrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Ein Haus, mehrere Wohnungen. Jeder Wohnungseigentümer kümmert sich um die Instandhaltung und Gebrauchsfähigkeit seiner eigenen vier Wände. Doch was ist mit den weiteren Räumlichkeiten des Hauses ? Wer kümmert sich um diese ? Können diese Aufgaben auf einen Wohnungseigentümer übertragen werden ? Falls ja, wie kann dies geschehen ? Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Voraussetzungen und Grenzen der „tätigen Mithilfe“ der Wohnungseigentümer.

Gesetzlich nicht geregelt, aber gleichwohl von hoher praktischer Bedeutung ist die Frage über die Aufgabenverteilung bezüglich der allgemein genutzten Räumlichkeiten, wie z.B. die des Treppenhauses, der Kellerräume oder des Winterdienstes. Derartige Dienstleistungen werden als „tätige Mithilfe“ bezeichnet, ohne dass dieser Begriff gesetzlich definiert ist. Überwiegend wird die „tätige Mithilfe“ verstanden, als eine nicht geschuldete persönliche Dienstleistung, die der Gemeinschaft zu Gute kommt.

Damit stellt sich zunächst die Frage, ob einem Miteigentümer durch Vereinbarung oder durch Beschluss gegen seinen Willen eine derartige „tätige Mithilfe“ auferlegt werden kann. Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt dass auf Grund fehlender Beschlusskompetenz einem Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss keine tätige Mithilfe übertragen werden kann (BGH, Urt.v. 18.06.2010, Az: V ZR 193/09). Zum Schutz des Wohnungseigentümers soll gegen seinen Willen eine Leistungsverpflichtung nicht begründet werden. Ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss sei deshalb nichtig. Eine Regelung soll demgemäß nur möglich sein, wenn der betroffene Wohnungseigentümer der Verpflichtung zustimmt und damit eine Vereinbarung getroffen wird. So führte der BGH kurz und prägnant aus:

„Was (…) zu vereinbaren ist, kann nicht beschlossen werden, solange nicht vereinbart ist, dass auch dies beschlossen werden darf.“.Demnach kann nach den Grundsätzen der Privatautonomie zwischen den Wohnungseigentümern in Form einer Vereinbarung geklärt werden, was zukünftig durch einfachen Mehrheitsbeschluss geregelt werden darf. Folglich kann auch vereinbart werden, dass zukünftig die tätige Mithilfe durch Beschluss auf einen Wohnungseigentümer übertragen werden darf. Hinzu weisen ist jedoch, dass diese Rechtsprechung des BGH´s nicht von allen Instanzgerichten geteilt wird. So ist das das LG München I (Urt. v. 02.08.2010, Az: 1 S 4042/10) – entgegen dem BGH – der Auffassung, dass eine Verpflichtung zur tätigen Mithilfe durch Beschluss ausnahmsweise dann möglich sein soll, wenn dies als ordnungsgemäße Verwaltung gemäß § 23 Abs. 5 WEG gilt. In welchen Fällen dies der Fall sei, könne nicht pauschal umschrieben werden. Es komme insoweit auf den Einzelfall an, wobei maßgebliche Parameter folgende seien:

  • die Anzahl der Wohnungseigentümer;
  • die Verteilungsgerechtigkeit;
  • der Umfang der zu leistenden Arbeiten
  • und insbesondere die Unzumutbarkeit der Pflichten für die einzelnen Wohnungseigentümer (z.B. aus gesundheitlichen Gründen)

Praxishinweis:
Zusammenfassend gibt es nur drei Möglichkeiten einem Miteigentümer entgegen seinem Willen eine tätige Mithilfe aufzuerlegen:

  1. Es könnte (gemäß dem LG München I a.a.O.) ein Beschluss getroffen werden, der über Verpflichtungen entscheidet, die grundsätzlich in Hausordnungen geregelt werden. Problematisch und daher eindeutig gegen diese Variante sprechend ist, dass der BGH sich insoweit nicht differenziert geäußert hat und deshalb die Gefahr besteht, dass ein derartiger Beschluss von anderen Instanzgerichten für nichtig erklärt wird.
  2. Alternativ könnte eine Vereinbarung getroffen werden. Dies hätte zur Folge, dass zur Begründung und auch zu jeder Änderung eine Einigung erfolgen müsste mit der jede Partei zufrieden ist (Erfordernis der Allstimmigkeit !).
  3. Empfehlenswert erscheint deshalb, dass die Wohnungseigentümer eine Vereinbarung insoweit treffen, als dass zukünftig Beschlüsse über die Auferlegung von Pflichten ausreichen sollen. Eine Einstimmigkeit ist hierfür bei nachfolgenden Beschlüssen dann nicht mehr erforderlich, sodass eine einfache Stimmenmehrheit genügt.
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